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mir.«
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Muschalik verabschiedete sich und klingelte eine Etage tiefer. Aber
niemand öffnete ihm. Er notierte sich den Namen. M. Liebinger.
* * *
»Kai ist in der Gerichtsmedizin«, sagte ein Kollege, als Muschalik den
Kopf durch die Tür steckte. Muschalik machte sich also auf den Weg
in den Keller. Es war kalt und still hier unten. Er fragte sich, wie der
Gerichtsmediziner Theo Fürbringer hier sein Leben verbringen
konnte.
Kai und Theo saßen in der kleinen Teeküche auf der Arbeitsplatte.
Theo hatte die Ohrstöpsel seines Walkman herausgezogen und spielte
damit herum, während Kai auf ihn einredete. Kai nahm niemals Rück-
sicht auf Theos Bedürfnis, allein zu sein. Kai nahm überhaupt auf
nichts Rücksicht.
Er wunderte sich, dass Muschalik auftauchte. »Bist du nicht im
Vorruhestand?«
»Später«, winkte Muschalik ab, »was habt ihr herausgefunden?«
»Die Patrone, die Theo eben aus dem Toten herausgezogen hat, hat
das gleiche Kaliber, wie die, die du gefunden hast.«
Theo hatte wieder die Kopfhörer aufgesetzt und nickte im Takt zu
seiner Musik, die so laut aufgedreht war, dass Muschalik hören kon-
nte, dass er sich wieder Edvard Grieg zu Gemüte führte. Peer Gynt.
Theo hielt die Augen geschlossen.
»7,62 mm mal 51 mm«, ergänzte Kai, »eine so genannte NATO-Pat-
rone, die zum Beispiel aus einem G 3 abgefeuert wird. Ein Gewehr, das
in der Bundeswehr benutzt wird. Die Wirkung dieser Patrone ist
enorm, sie kann einen Infanteriehelm in 1.200 Meter Entfernung
durchschlagen. Beide Patronen haben die gleichen Kratzer, die beim
Austritt aus dem Gewehr entstehen. Das heißt, sie stammen höchst
wahrscheinlich aus ein und demselben Gewehr.«
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»Kann man auf dieses G 3 ein Zielfernrohr aufsetzen oder einen
Schalldämpfer?«, fragte Muschalik und dachte an den Waffennarr, der
unter Frau Heimbach wohnte.
»Selbstverständlich. Man kann alles.«
»Danke.«
Muschalik klopfte Theo auf die Schulter. Der zuckte zusammen,
nahm die Kopfhörer ab und ließ die Musik weiterlaufen.
»Die Kollegen haben Schleifspuren, Bärentapsen und Blutspuren
gefunden, auch außerhalb des Geheges. Alles spricht für einen Kampf.
Das Blut stammt wahrscheinlich von Jartmann, aber das wissen wir
noch nicht genau, es wird noch untersucht. Außerdem hatte der Tote
Würgemale am Hals. Keine tödlichen, aber doch Würgemale, von sehr
großen Händen«, zählte Theo auf, und man konnte ihm keine Regung
ansehen.
»Oder von Bärentatzen?«, fragte Kai.
»Hände, sagte ich.«
Kai spekulierte: »Mein Gott, wenn es diese Frau war, ist sie eiskalt.
Erst hat sie Jartmann versucht zu erwürgen, als es nicht klappen woll-
te, hat sie den Bär zu Hilfe gerufen und als der sich nicht über ihn her-
machen wollte, hat sie ihn erschossen. Sicher ist sicher.«
»Letzteres wäre zumindest ungewöhnlich. Frauen benutzen selten
Gewehre«, gab Theo zu bedenken und setzte die Kopfhörer wieder auf.
»Sie ist eine ungewöhnliche Frau«, sagte Muschalik und erschrak
über seine eigenen Worte.
11. Kapitel
Sie hatte die Kontrolle verloren.
Er sollte still ist sein, aufhören von Duisburg zu reden, von früher,
von Ben Krämer. Er sollte nur nie wieder etwas sagen.
Wieder war sie weggelaufen, wie in Duisburg, wie nach dem Tod des
Fotografen. Wieder saß sie am Ufer und hoffte, dass die Nähe des
Wassers sie beruhigen konnte.
Sie hatte danach nur kurz in ihrer Wohnung einen Pullover und die
Zahnbürste geholt. Sabine und Christine hatten sie nicht bemerkt. Die
Wohnungsschlüssel hatte sie zurückgelassen, sie brauchte sie nicht
mehr. Sie konnte nicht wiederkommen.
Viel zu viele Gedanken waren an ihr vorbeigerauscht, wie eine hohe
Welle, in dem kurzen Moment der Entscheidung. Wenn sie Zeit ge-
habt hätte zu überlegen, wäre ihr vielleicht etwas eingefallen, aber Zeit
hatte sie keine gehabt.
Dann hatte er plötzlich in der Bärenanlage gelegen, wie der Foto-
graf. Und sie konnte sich nicht erinnern, wie er dorthin gekommen
war. Sie musste ihn hineingeworfen haben. Der Bär hatte unten auf
der Lauer gelegen und sich auf ihn gestürzt. Und sie … war
weggelaufen.
Er war Kommissar. Er würde seine Schlüsse ziehen. Er würde auf
sie kommen, auf sie – als Täterin. Sie hatte die Fährte selbst gelegt,
auf dem Schiff von Duisburg gesprochen, von Jartmanns Andeutun-
gen, und dann die Begegnung am Nebeneingang. Er hatte auf sie ge-
wartet. Er hatte Löcher in seinen Hosenbeinen gehabt. Was würde er
jetzt von ihr denken? Sie wollte ihn nicht wiedersehen, nicht sein
enttäuschtes Gesicht. Er musste von ihr enttäuscht sein.
Das Schiff.
Wenn die Angst zu groß wurde, dachte sie an das Schiff. Wie es sich
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