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so allein, dass ich es nicht mehr aushielt. Dann nahm ich
Tabletten. Später stärkere Tabletten. Am Wochenende, wenn die
Praxis geschlossen war, saß ich oft zu Hause im Dunkeln und
redete kein Wort. Kein Wort.
Und eines Tages legte ich mich in die Badewanne und schnitt
mir die Pulsadern auf. Blöderweise kam mein Mann früher
zurück. Er rettete mich. Das war das Ende.
Von da an wandte er sich von mir ab. Mit einer potentiellen
Selbstmörderin wollte er nichts zu tun haben. Er hat dafür
gesorgt, dass die Kinder nichts mitbekamen, das ist ihm
gelungen. Meine Verletzungen habe ich geheim gehalten.
Natürlich ließ sich mein Mann nicht scheiden, er wollte seine
Existenz nicht gefährden. Dann sperrte er seine Praxis zu, hob
das ganze Geld von unserem gemeinsamen Konto ab und
überwies es nach Ägypten, in seine : Heimat9 ! Ich hatte nichts
mehr. Seine Verachtung für mich war grenzenlos. Und jetzt
gehen Sie bitte und bringen mir meinen Sohn zurück!«
Sie begleitete mich nicht zur Tür.
Draußen lehnte ich mich gegen die Hauswand, legte den Kopf
in den Nacken und blickte in den schwarzen Himmel hinauf.
Kein Stern für die Verlorengegangenen, kein einziger.
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Den Schlüssel hatte Mathilda bei Franz Beck abgegeben. Sie
hatte den Bankangestellen gebeten, mir auszurichten, sie fahre
nach Münzing zurück, weil sie am Montagmorgen um sieben
Uhr in der Gärtnerei arbeiten müsse.
Der Einzelnesser aus dem ersten Stock fragte mich nach dem
Stand der Ermittlungen, und ich sagte, wir kämen voran.
»Dass der Farak eine Schwester hat!«, sagte Beck an der Tür.
»Dass der eine Familie hat, hätt ich nicht gedacht.
Wollen Sie was trinken? Jetzt sind Sie ja außer Dienst um
diese Zeit, oder nicht?«
»Nein«, sagte ich und machte mich auf den Weg zur Wohnung
deines Vaters.
Im Wohnzimmer setzte ich mich auf die Couch, legte die
Fernsehillustrierte, deren Programm am achten Oktober endete,
auf den Boden und schloss die Augen.
Ich dachte an das Märchen von Hans im Glück und ich sah
deinen Vater vor mir und nannte ihn Johann im Unglück.
Vielleicht hatte er sich all die Jahre über gewünscht, einmal so
zu leben wie der Hans in der Geschichte, »mit leichtem Herzen
und frei von aller Last«.
Doch das Wünschen half ihm nicht, und als er sich am Ende
zu seiner Mutter aufmachte, traf er dieselbe Frau, die er vor
zwanzig Jahren verlassen und die ihn geschlagen und
eingesperrt hatte. War das sein größtes Unglück: Zu erkennen,
dass er den verkehrtesten Menschen aufgesucht hatte, den er nur
finden konnte? Was hatte ihn getrieben, seine Mutter um Hilfe
zu bitten, sie, in deren Nähe er verhungert war wie jener Hans
verhungert wäre, wenn er nicht im richtigen Augenblick
jemanden getroffen hätte, der seine Wegzehrung mit ihm teilte?
Für Johann war keine Wegzehrung übrig, er zehrte von nichts,
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dabei ersehnte er nichts mehr als zu teilen, mit dir zu teilen, mit
deiner Mutter zu teilen.
War es nicht so?
Er ging zu seiner Mutter, weil er glaubte, sie würde ihn
endlich von der Schmach erlösen, als die er seine Existenz
betrachtete, und ihm vergeben und sich selbst dazu.
Und dann erkannte er, dass sie statt eines Kleides einen Panzer
trug, und wenn man die Hand an diesen Panzer legte, froren die
Finger fest. So flüchtete er. Wie damals.
Doch diesmal wusste er nicht, wohin.
Ich saß in seiner leeren Wohnung, das kleine zerlesene
Märchenbuch in der Hand, wo es hieß: »So glücklich wie ich,
rief er aus, gibt es keinen Menschen unter der Sonne.«
Vielleicht war er glücklich mit dir, vielleicht mehr als je zuvor,
und dann erfuhr er die Wahrheit und traute seinem Glück nicht
mehr, dem Anfang, dem ersten Blick, dem ersten Satz.
»Sind Sie Johann Farak?«
»Ja.«
»Ich mach eine Umfrage darüber, wie die Leute in dieser Stadt
leben, was sie denken, was sie sich wünschen, haben Sie Zeit,
mir ein paar Fragen zu beantworten?«
»Klar, komm rein, ich leb schon lange in dieser Stadt, ich
arbeite hier, ich male hier, ich bin unterwegs, viel draußen & «
»Sie sind Maler?«
»Willst du ein Bier? Hier, trink was, setz dich, zieh deinen
Mantel aus!«
»Nein, ich & «
»Die Leute leben hier gut, in dieser Stadt, ist eine reiche Stadt,
auf den ersten Blick, jeder kommt zurecht, stimmt nicht, stimmt
nicht, das Klima ist kalt, du musst mal hinhören & «
»Was arbeiten Sie?« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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